Rund 500 Lesben, Schwule und Heteros haben heute in Krakau für mehr Toleranz demonstriert (Fotos 1-3) – nichts Besonderes und eigentlich keine News. Wären da nicht die Krakauer Nationalkatholiken, Faschisten und Skinheads (Fotos 5-13). Mit der Toleranz dieser Allianz ist es nämlich nicht weit her: Familie und Vaterland mussten gegen die „Barbarei der Homosexualität“ verteidigt werden – mit Eiern und Tomaten, Plakaten und Parolen für den Schutz der Familie und des polnischen Vaterlandes. Ein hochgerüstetes Polizeiaufgebot (Foto 4) war auch zur Stelle – im Gegensatz zu Moskau heute, wo eine Spezialeinheit der Polizei eine Schwulen-Demo gewaltsam auflöste, haben die Krakauer Gesetzeshüter erfreulicherweise die Teilnehmer der Toleranz-Demonstration geschützt und laut Medienberichten 15 homophobe Krakeeler und Randalierer vorläufig festgenommen. Anders als in den Vorjahren benutzen die Familien- und Vaterlandsverteidiger diesmal allerdings keine Steine, um ihre Gesinnung zu unterstreichen.
Auf dem Plakat des zweiten Fotos steht übrigens ein Bibelvers: Glaube, Liebe, Hoffnung – und die größte unter ihnen ist die Liebe (1. Brief des Apostels Paulus an die Korinther, Kapitel 13, Vers 13).

Ein paar optische Eindrücke:

Marsch der Toleranz, Krakau, 16.05.09

Marsch der Toleranz, Krakau, 16.05.09

Marsch der Toleranz, Krakau

Marsch der Toleranz, Krakau, 16.05.09

Marsch der Toleranz, Krakau, 16.05.09

Marsch der Toleranz, KrakauMarsch der Tolernz, Krakau

Marsch der Toleranz, Krakau

Marsch der Toleranz, Krakau

Marsch der Toleranz, Krakau

Marsch der Toleranz, Krakau

Marsch der Toleranz, Krakau

Marsch der Toleranz, Krakau

Ja, wie man sieht: Die Hüter von Moral und Glauben, die Schützer der Familie und die Verteidiger des Vaterlandes sind äußerst angenehme Zeitgenossen, denen man gerne seine Kinder zur Erziehung anvertraut. Und die Europaflagge zu verbrennen – das macht doch richtig Spaß! Immerhin sind die polnischen Faschos noch als solche zu erkennen und verstecken sich nicht wie in Deutschland hinter Anzug und Krawatte oder schwarzen Kapuzenjacken.

Welche Karriere polnische Rechtsextremisten machen können und welches Erbe die Kaczyński-Brüder hinterlassen haben, zeigt das Beispiel des öffentlich-rechtlichen Fernsehens TVP in Polen: Der Chef heißt Piotr Farfał und ist ein ausgewiesener Antisemit und „Ex-Neonazi“ (das darf mit Erlaubnis der Gerichte geschrieben werden), der früher gerne die Hand zum Hitler-Gruß hob – ein kurzes Porträt hier. Dass es aber auch erfreulich viele couragierte Demokraten gibt, die dagegen protestieren, stimmt optimistisch: hier ein Hintergrundbericht des Deutschlandfunks.

Do zobaczenia
UvS

PS: Der erste und zweite Satz des zweiten Absatzes waren ironisch gemeint.

Author

…, geboren 1964 in Müsen, kooperiert als freier Autor, Rechercheur und Projektmanager mit Organisationen u.a. in Deutschland, Polen, Israel, den USA und der Ukraine. Seit über 30 Jahren beschäftigt er sich sowohl mit der jüdischen Geschichte und Kultur als auch mit den familiären, gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen der NS-Zeit auf die Gegenwart. Uwe von Seltmann ist zudem Regisseur und Co-Produzent des preisgekrönten Dokumentarfilms „Boris Dorfman – A mentsh“. Zuletzt erschien 2021 „Wir sind da!“, das offizielle Buch zum Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ (Homunculus, Erlangen).

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